Medienwerkstatt-Wien
 
Manfred Neuwirth

Manfred Neuwirth im Gespräch mit Michael Omasta zu den Themen: Erinnerung, Vis-a-vis, Glücksmoment, Heimat, Alltag, Suche, Material, Unabhängigkeit. Dazu Filmausschnitte aus den Produktionen: The End of the Gang of Four, Erinnerungen an ein verlorenes Land, Bergauf, Aus einem nahen Land, manga train, Tibet Revisited, Bilder der flüchtigen Welt, WOSSEA MTOTOM – Die Wiese ist grün im Garten von Wiltz
 
Ausschnitt aus

MANFRED NEUWIRTH BILDER DER FLÜCHTIGEN WELT
von Michael Omasta
Es ist die perfekte Einführung in das vielfältige Schaffen von Manfred Neuwirth. Der österreichische Filmemacher und Videokünstler sitzt – rotes Hemd, dunkles Sakko – daheim in seinem hellen, luftigen Wohnzimmer und gibt Auskunft über seine Arbeit. Die entsprechenden Schlüsselbegriffe lauten: Erinnerung, Visavis, Glücksmoment, Heimat, Alltag, Suche, Material und Unabhängigkeit. Dass es acht sind, trifft sich übrigens hervorragend, denn das Filmporträt Manfred Neuwirth – Bilder der flüchtigen Welt ist auch die achte DVD aus der Edition POSITION-N der Medienwerkstatt Wien.

Zu jedem dieser Begriffe ist jeweils ein Ausschnitt aus einem seiner Werke montiert, im Falle von „Glücksmoment“ sogar ein ganzer, freilich sehr kurzer Film: Bergauf von 2012, der auf einer Begegnung basiert, die Neuwirth fast zwanzig Jahre vorher in Tibet auf einer Bergwanderung gemacht hat. Das herzliche Lachen einer Gruppe rastender Nonnen und ihrer Begleiter ist ansteckend, ein wahrhaft magischer Moment für jeden, der ihn nun – festgehalten in Bild und Ton – miterleben darf.

Eventuell ist damit auch Manfred Neuwirths künstlerisches Projekt beschrieben. Denn egal, ob es sich um die dramatische Erzählung einer alten Bäuerin aus dem Waldviertel handelt, die monotonen Bewegungsabläufe bei der Morgengymnastik oder beim Gebet, eine übermütig Bubenhorde oder ein Close-up des geliebten, bald hundert Jahre alten Großvaters als Kontrast zu modernster Kriegstechnologie: Es sind Eindrücke, die man als Zuseher nicht so bald wieder vergessen wird.

Apropos. Gleich zu Beginn des Films erinnert Neuwirth an eine Bemerkung von Elias Canetti, der in seiner Lebensgeschichte Fackel im Ohr schreibt: „Stark fühlt sich, wer die Bilder findet, die seine Erfahrung braucht. Es sind mehrere – allzu viele können es nicht sein, denn ihr Sinn ist es, dass sie die Wirklichkeit gesammelt haben, in ihrer Zerstreuung müsste sie zersprühen und versickern. Aber es soll auch nicht ein einziges sein, das dem Inhaber Gewalt antut, ihn nie entlässt und ihm Verwandlung verbietet. Es sind mehrere Bilder, die einer für ein eigenes Leben braucht.“